Notarinnen und Notare als Schlichter und Schiedsrichter
Das deutsche Recht sieht für Schiedsrichter keine besondere Qualifikation vor. Insofern ist grundsätzlich kein Berufsstand vom Schiedsrichteramt ausgeschlossen und es können insbesondere auch Nichtjuristen Schiedsrichter sein.
Aus Sicht der Parteien ist es freilich wünschenswert, wenn der oder die Schiedsrichter sowohl besondere Sachkenntnis als auch Erfahrung mit der behandelten Materie mitbringen. Dies spricht für Notarinnen und Notare als Schiedsrichter in allen Rechtsgebieten, in denen sie ohnehin regelmäßig zu tun habe, also vor allem im Immobilien-, Gesellschafts-, Familien- und Erbrecht.
Neben der fachlichen Expertise kommt der Notarin als Schlichterin oder dem Notar als Schiedsrichter besonders zugute, dass es ohnehin zu ihrem und seinem Berufsalltag gehört, die Interessen von Parteien zu ermitteln und einer gestaltenden Lösung zuzuführen. Hinzu kommt als nicht zu gering zu schätzender „weicher“ Faktor die Wahrnehmung von Notaren als neutrale und unabhängige Autoritäten. Das Vertrauen in Notare kann deshalb eine gütliche Einigung erleichtern oder die Aktzeptanz eines Schiedsspruchs verbessern.
Notar Dr. Jan Hupka, der bereits für den SGH und andere Schiedsinstitutionen als Schiedsrichter tätig war und seit 2017 Mitglied im Kuratorium des SGH ist, hat in einem kurzen Interview dargelegt, was ihm am Schiedsrichteramt gefällt und wie man sich gerade als Anfänger am besten darauf vorbereitet.
Voraussetzungen und Rahmenbedingungen
Trotz der hier dargelegten Nähe der notariellen zur schiedsrichterlichen Tätigkeit können beide nicht miteinander gleichgesetzt werden, da sie ein anderes Rollenverständnis voraussetzen und für die Schiedsrichtertätigkeit einige rechtliche Besonderheiten im Blick zu halten sind:
Genehmigungsfreie Nebentätigkeit und Amtspflichten
§ 8 Abs. 4 der Bundesnotarordnung gestattet Notaren seit 1998 ausdrücklich die Betätigung als Schiedsrichter und ordnet sie als nicht genehmigungspflichtige Nebentätigkeit ein. Für Notarassessoren gilt dies gemäß § 7 Abs. 4 BNotO entsprechend.
Die Tätigkeit als Schlichter oder Schiedsrichter stellt auch keine Amtstätigkeit des Notars dar, mit der Folge, dass Notare bei der Ausübung des Schlichter- oder Schiedsrichteramtes nicht der Dienstaufsicht unterliegen. Wie auch in anderen Fällen haben Notare jedoch auch im Rahmen des Schlichtungs- oder Schiedsverfahrens ihr Verhalten an den Kriterien des § 14 Abbs. 3 BNotO auszurichten und sich dem ihnen als Notare entgegengebrachten Vertrauen als würdig zu erweisen.
Unabhängigkeit
Eine Person, der ein Schiedsrichteramt angetragen wird, hat nach § 1036 Abs. 1 ZPO alle Umstände offenzulegen, die Zweifel an der Unparteilichkeit und Unabhängigkeit wecken könnten. Gemäß § 1036 Abs. 2 ZPO kann ein Schiedsrichter abgelehnt werden, wenn bei ihm Umstände vorliegen, die den berechtigten Zweifel an der Unparteilichkeit oder Unabhängigkeit des Schiedsrichters aufkommen lassen. Dies gilt selbstverständlich auch für Notarinnen und Notare und insbesondere bei Anwaltsnotaren ist die anwaltliche Tätigkeit für eine der Parteien im Rahmen eines conflict check zu prüfen.
Nach § 7 Abs. 2 des Statuts des SGH soll ein Notar in den Fällen des § 3 Abs. 1 BeurkG nicht, in den Fällen des § 3 Abs. 2 und 3 BeurkG nur mit ausdrücklicher Einwilligung der Parteien zum Schiedsrichter bestellt werden. Im Übrigen nimmt das Sekretariat des SGH im Vorfeld jedes Verfahrens eine entsprechende Prüfung vor und der Schiedsrichter hat dem SGH gegenüber eine Unabhängigkeitserklärung abzugeben und ggf. vorliegende Beziehungen zu den Parteien darzulegen.
Tätigkeit als Schlichter oder Schiedsrichter für den SGH
Aufnahme in die Schiedsrichterliste des SGH
Bei Gründung des SGH im Jahr 2000 wurde – in erster Linie aus den Reihen der Mtiglieder des Deutschen Notarvereins – eine Liste von etwas mehr als 100 über ganz Deutschland verteilte Notare erstellt, die bereit sind, eine Schlichtung oder ein Schiedsverfahren für den SGH durchzuführen. Diese Liste ist jedoch nicht statisch und als interessierter Notar kann Ihnen das Sekretariat des SGH jederzeit Informationen zu den Aufnahmen in die Liste zur Verfügung stellen.
Haftung und Versicherungsschutz
Die Haftung der Notarin und des Notars als Schiedsrichter ist keine Amtshaftung nach § 19 BNotO, sondern Vertragshaftung. Der Schiedsrichter ist vertraglich verpflichtet, „alles ihm Zumutbare zu tun, um (…) die Parteien vor Nachteilen zu bewahren, die ihnen aus einem prozessordnungswidrig zustande gekommenen Schiedsspruch erwachsen können“. Die schiedsrichterliche Tätigkeit muss darauf ausgerichtet sein, die rechtlich „richtige“ Entscheidung zu treffen. Verletzt der Richter eine dieser Pflichten, haftet er nach den allgemeinen vertragsrechtlichen Grundsätzen (§§ 280 ff. BGB), gegebenenfalls auch nach §§ 823ff. BGB. Hier ist bei SGH-Verfahren die Besonderheit zu berücksichtigen, dass der Schiedsrichter den Schiedsrichtervertrag nicht mit den Parteien, sondern dem SGH abschließt.
Aufgrund der vertraglichen Natur können die eine Schiedsrichtertätigkeit ausübende Notare ihre Haftung allerdings vertraglich begrenzen. In § 10 Abs. 1 SGH-Statut sowie im SGH-Schiedsrichtervertrag ist dementsprechend geregelt, dass die Schiedsrichterin oder der Schiedsrichter wie Richterinnen und Richter eines staatlichen Gerichts haften. Dadurch wird das Haftungsprivileg des § 839 Abs. 2 S. 1 BGB vertraglich vereinbart. Die Haftung für leichte Fahrlässigkeit ist ausgeschlossen. Unter Umständen kommt auch eine Haftung des SGH gegenüber den Parteien in Betracht.
Der notarielle Versicherungsschutz umfasst auch die Tätigkeit als Schiedsrichter. Es empfiehlt sich allerdings im Einzelfall bei der jeweiligen Versicherung die Bestätigung des Versicherungsschutzes einzuholen. Sollte im Einzelfall kein Versicherungsschutz bestehen, sieht der SGH-Schiedsrichtervertrag den Abschluss einer Versicherung für das jeweilige Verfahren vor.
In der Rolle des Schiedsrichters liegen auch Strafbarkeitsrisiken, wie etwa die Rechtsbeugung (§ 339 StGB), die sich allerdings nicht sonderlich zwischen Notaren und sonstigen Schiedsrichtern unterscheiden dürften.
Vergütung
Die Vergütung für die Schiedsrichtertätigkeit richtet sich nicht nach dem Gerichts- und Notarkostengesetz, sondern ist vertraglich vereinbart. Nach dem SGH-Statut schließt der Schiedsrichter mit dem SGH einen Schiedsrichtervertrag. Dieser Vertrag verweist wiederum auf die SGH-Kostenordnung, die eine streitwertabhängige Vergütung vorsieht. Der Schiedsrichter erhält seine Vergütung also aus den vom SGH erhobenene Gebühren und Auslagen, zu denen hier nähere Informationen zu finden sind. Hier finden sich auch Hinweise zur Vergütung für die reine Schlichtung.
Fortbildungen
Der SGH bietet für die für ihn tätigen Schiedsrichter regelmäßig Fortbildungen in Form von Praxis-Workshops an, in denen erfahrene Schiedsrichter und Schlichter Fälle aus ihrer Praxis aufbereiten und Gelegenheit ist, sich mit den Kollegen über konkrete Fragen und Probleme auszutauschen.
Informationen und Anmeldehinweise zum jeweils aktuellen Fortbildungsangebot finden Sie hier.
Weitere Hinweise
Sollten wir Ihr Interesse an der Tätigkeit des Schlichters oder Schiedsrichters für den SGH geweckt haben, gibt Ihnen das Sekretariat gerne und jederzeit weitere Auskunft.