Der Grundsatz der Privatautonomie ermöglicht es Parteien eines privatrechtlichen Rechtsstreits, die Zuständigkeit zur endgültigen und bindenden Entscheidung über ihre Streitigkeit auf eine unabhängige private Instanz, das Schiedsgericht, zu übertragen. Mittels einer Schiedsvereinbarung können die Parteien nicht nur ihren Streit der Entscheidung staatlicher Gerichte entziehen, sie sind auch berechtigt, eigene Verfahrensregeln für das Schiedsverfahren aufzustellen.
Wodurch unterscheidet sich ein Verfahren vor dem Schiedsgericht von einem Verfahren vor einem ordentlichen Gericht?
Das Schiedsgericht kennt keinen Instanzenzug. Dies bedeutet, dass gegen einen Schiedsspruch keine Berufung oder Revision möglich ist. Dadurch wird das Verfahren wesentlich schneller abgeschlossen. Das Verfahren vor dem Schiedsgericht kann weniger förmlich durchgeführt werden als das strikt an die Bestimmungen der ZPO gebundene Verfahren vor ordentlichen Gerichten. Es findet, anders als das Verfahren vor ordentlichen Gerichten, unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt.
Warum kann ein Schiedsgerichtsverfahren in manchen Fällen sinnvoller sein als ein ordentliches Gerichtsverfahren?
Durch die Beschränkung auf eine Instanz wird der Rechtsstreit wesentlich schneller abgeschlossen. Die besonderere Vertrautheit der Notarinnen und Notare mit bestimmten Materien ermöglicht in der Regel eine sehr rasche Einschätzung eines Falles und einen schnellen Beginn der Schlichtungsphase ohne, dass dafür zunächst eine Einarbeitung erforderlich wäre. Außerdem schafft der Ausschluss der Öffentlichkeit die erwünschte Vertraulichkeit bei Angelegenheiten mit persönlichem, speziell Familienbezug sowie in wirtschafts- und gesellschaftsrechtlichen Belangen. Mitbewerber und weitere Kläger erhalten keinen Einblick in das Verfahren und keine Kenntnis von der Entscheidung.
Der SGH bietet überdies die Möglichkeit an, das gesamte Verfahren über die sogenannte WebAkte zu führen, die erheblich zum raschen und zugleich sicheren Austausch von Schriftsätzen, richterlichen Verfügungen etc. und damit zur Beschleunigung des gesamten Verfahrens beiträgt.
Ablauf des Schiedsverfahrens
Der Ablauf des Schiedsverfahrens vor dem SGH ist detailliert in unserem Statut geregelt. Die wesentlichen Regeln haben wir im Folgenden kurz für Sie dargestellt:
Einleitung des Verfahrens
Ein Schiedsverfahren vor dem SGH beginnt mit dem schriftlichen Antrag eines Klägers an den SGH, der auch auf elektronischem Wege, also z.B. per E-Mail oder über unser Online-Formular, möglich ist. Das Sekretariat des SGH veranlasst dann die Zustellung an die andere Partei und benennt den oder – bei vollem Spruchkörper die – Schiedsrichter. Diese bestimmen sodann Form, Ort und Zeit der Verhandlung, wobei stets auf übereinstimmende Wünsche der Parteien (z.B. zum Ort der Verhandlung) Rücksicht genommen wird.
Die Auswahl der Schiedsrichter
Der SGH bietet zwei Auswahlverfahren zur Benennung der Schiedsrichter an:
Auswahl durch die Parteien
Zum einen können die Parteien die Zusammensetzung der Schiedsrichterbank selbst bestimmen. Sie bekommen so das Schiedsgericht Ihrer Wahl – Rechtsprechung à la carte. Der SGH wird dabei jede gewünschte rechtliche und technische Unterstützung gewähren.
Als speziell notarielle Schiedsinstitution behält sich der SGH allerdings vor, nur solche Schiedsverfahren zu führen, bei denen sichergestellt ist, dass die zu Schiedsrichtern berufenen Personen Gewähr für eine absolut seriöse Verfahrensführung bieten.
Auswahl durch das Sekretariat
Die zweite Möglichkeit bildet das in den §§ 7 Abs. 1 und 8 des Statuts geregelte Verfahren zur Schiedsrichterbestellung, nämlich die Benennung quasi „gesetzlicher Richter“ durch das Sekretariat. Als Partei haben Sie dann weniger Einfluss auf die Schiedsrichter, die Neutralität aller Schiedsrichter ist aber in vollem Umfang gewährleistet.
Das Sekretariat wählt die Schiedsrichter für Sie völlig transparent je nach dem Ort des Schiedsverfahrens aus speziell qualifizierten Praktikern aus.
Größe des Spruchkörpers
Je nach Willen der Beteiligten entscheidet ein Einzelrichter oder ein Dreiergremium über den Streitfall. Beides hat seine Vor- und Nachteile und sollte daher je nach Einzelfall entschieden werden. Treffen die Beteiligten keine ausdrückliche Wahl, so führt der SGH das Verfahren aber stets nur mit einem Einzelrichter.
Schnell im Vorlauf, effizient in der Bearbeitung der Rechtsfälle und kostengünstig, aber doch dem hohen Niveau an Unabhängigkeit und Unparteilichkeit staatlicher Justiz verpflichtet, dies sind die Charakteristika das SGH.
Grundsätze des Verfahrensaublaufs
Jedes Verfahren vor dem SGH beginnt zwingend mit einer Schlichtungsphase, deren Regeln und Ablauf Sie hier näher dargestellt finden. Scheitert die Schlichtung, so geht der Prozess in das sogenannte streitige Schiedsverfahren über. Die Regeln zu diesem Verfahrensabschnitt sind so konzipiert, dass dem Einzelschiedsrichter oder Vorsitzenden des Dreiergremiums eine starke Stellung eingeräumt ist. Er entscheidet z.B. über die Anordnung einer Beweisaufnahme oder auch Form und Ort der Verhandlung. Vor dem SGH ist daher z.B. auch die mündliche Verhandlung als Video-Konferenz denkbar.
In erster Linie dient diese starke Stellung der Straffung und Beschleunigung des Verfahrens. Alle vor oder zwischen den Sitzungen des Spruchkörpers anfallenden verfahrensleitenden Maßnahmen soll der Vorsitzende allein treffen, damit es keiner umständlichen Abstimmung zwischen den Schiedsrichtern bedarf.
Einfluss der Parteien auf den Ablauf
Die Prozesshoheit der Parteien ist im Übrigen nicht eingeschränkt. Die Parteidisposition steht für Verfahren vor dem SGH immer im Vordergrund. Lediglich Verzögerungsmaßnahmen kann der Vorsitzende im Lichte einer schnellen und effektiven Rechtsdurchsetzung zurückweisen.
Auch eine Rechtswahl erkennt der SGH in den Grenzen des ordre public natürlich an – dies sogar jenseits der Rechtswahlmöglichkeiten des EGBGB.
Die Verhandlung
Häufig wird es vor einer erneuten mündlichen Verhandlung noch einmal zu einem schriftlichen Vorverfahren kommen, in dem sich die Parteien nach dem scheitern der Schlichtungsphase erneut ausführlich äußern können. Hierfür wird der Schiedsrichter auch ausreichende Fristen setzen. Nur in seltenen Einzelfällen wird eine Entscheidung dann ohne weitere mündliche Verhandlung nur aufgrund der Papierlage ergehen.
In der Beweiswürdigung und im genauen Verfahrensablauf ist ein Schiedsgericht nach dem Statut des SGH weitgehend frei, ohne dass hierdurch die Gefahr einer willkürlichen Behandlung besteht. Der oder die Vorsitzende kann so Besonderheiten des Einzelfalls durch geeignete Maßnahmen ausreichend berücksichtigen. Die notarielle Unabhängigkeit und Neutralität garantiert die Wahrung der Interessen aller Beteiligten.
Die Flexibilität im Verfahrensablauf unterscheidet das Schiedsgericht insoweit gleichzeitig von der regulären staatlichen Gerichtsbarkeit und sorgt für eine schnelle, effiziente und kostengünstige Rechtsdurchsetzung.
Bei der Organisation der mündlichen Verhandlung steht das Sekretariat des SGH dem oder den Schiedsrichtern aktiv zur Seite, sodass eine zügige Fortsetzung des Verfahrens gewährleistet ist. Der Inhalt jeder mündlichen Verhandlung wird in einem Protokoll festgehalten.
Die WebAkte
Seit Ende 2016 werden alle Verfahren des SGH über die WebAkte geführt. Hierbei handelt es sich um ein zertifiziertes und höchsten Sicherheitsanforderungen genügendes Mail- und Online-Aktenverwaltungssystem zum Austausch sensibler Dokumente via Internet. Die WebAkte ist so schnell wie eine E-Mail und zugleich sicher wie ein Einschreiben (u.a. TÜV-Süd geprüft, DATEV-Rechenzentrum). Damit wird das Verfahren deutlich beschleunigt, ohne Einbußen bei Sicherheit und Vollständigkeit der Dokumentation befürchten zu müssen. Zugleich werden die Prozesse kostengünstiger, weil Auslagen für Papier und Porto durch die reine Online-Verwaltung gespart werden können.
Bereits die Einreichung der Schiedsklage kann über die WebAkte abgewickelt werden:
Schliedsklage online einreichen
Betätigen Sie zunächst den Link „Schiedsklage einreichen“ und übersenden uns dann mit dem Formular „Unverbindliche Anfrage“ die Klageschrift. Die nächsten Schritte übernimmt dann das Sekretariat, welches Sie durch den Prozess über die WebAkte auch als Administrator des Verfahrens begleitet und Ihnen jederzeit für Fragen zur Verfügung steht.
Beendigung des Verfahrens
Beendet wird das Verfahren schließlich mit einem Schiedsspruch oder mit einem verfahrensbeendenden Beschluss, z.B. wenn der Kläger im Laufe des Verfahrens die Schiedsklage zurücknimmt. Denkbar ist auch, dass es im Verlauf des streitigen Verfahrens doch noch zu einer Einigung kommt, die dann in einem sog. Schiedsspruch mit vereinbartem Wortlaut festgehalten wird. Dieser entspricht einem Vergleich vor den staatlichen Gerichten.
Hält sich eine Partei nicht an den Schiedsspruch, kann das jeweils zuständige Oberlandesgericht angerufen werden, um den Schiedsspruch für vollstreckbar erklären zu lassen. Ein Schiedsspruch mit vereinbarten Wortlaut kann mit der Zustimmung der Parteien sogar von der Notarin für vollstreckbar erklärt werden, die als Schiedsrichterin tätig war.
Bei Fragen zum Ablauf des Verfahrens können Sie sich jederzeit auch an das Sekretariat wenden.